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open Schufa oder: Wie knacken wir die Schulden-Falle?

open Schufa oder: Wie knacken wir die Schulden-Falle?

Ob Bewerbung um einen Arbeitsplatz, ob Kauf-, Miet-, Leasing- oder Handyvertrag: Ohne die Schufa läuft nichts. Denn Arbeitgeber, Finanzdienstleister, Vermieter, ja die gesamte Wirtschaft interessiert sich für die Kreditwürdigkeit ihrer Lohnabhängigen, Bankkunden, Mieter und Vertragspartner. Deshalb finanziert die Wirtschaft die Schufa als 'Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung'.

Der Schufa-Score

Jedes geschäftsfähige Individuum hat bei uns einen Schufa-Wert, den Schufa-Score, das ist ein aus dem individuellen Kaufvertrags- und Kreditverhalten erzielter Punktestand – je höher, umso besser, umso günstiger fällt die Kreditzinsvergabe aus; je niedriger, umso schlechter, umso höher sind die Zinsen bei einer Kreditrückzahlung. Jeder kennt das Wort 'bonitätsabhängig'. Oder die Floskel: 'Bonität vorausgesetzt'.

Cui bono, Bonität?

Wem nützt die 'Bonität'? Die Finanzwirtschaft interessiert sich für eine weit zurückreichende Kunden-Historie, wer wann was einmal gut oder schlecht oder gar nicht zurückgezahlt hat.  Dauerhaft mangelhafte Bedienung von Krediten führt zu einem schlechten Schufa-Score, zur Ablehnung der Bewerbung um einen Arbeitsplatz oder um eine Mietwohnung, ja auch zur Ablehnung einer Konto-Eröffnung und natürlich einer Kreditvergabe. Leider reicht schon eine einzige nicht so gute Information, um den Schufa-Score deutlich abstürzen zu lassen. Warum?

Aber keine Offenlegung des Schufa-Scores

Wie der Score zustande kommt, weiß niemand, und die Schufa hat auch kein Interesse daran, sich zu offenbaren. Das Sicherheitsbedürfnis der Wirtschaft ist verständlich und nicht das Problem, sondern die nicht transparent gemachte Begründung der Scores. Dabei ist diese Art von Benotung höchst umstritten und erscheint willkürlich, weil unterschiedliche Scores bezogen auf dieselbe Person gegenüber unterschiedlichen Finanzdienstleistern nachgewiesen wurden und die Streuung das gesamte Spektrum von "sehr geringes" bis "sehr hohes Risiko" umfasst. Das kann extrem unangenehme Konsequenzen für Kontoinhaber, Kreditnehmer, Mieter, Arbeitnehmer nach sich ziehen. Aber sogar der Bundesgerichtshof bestätigt den Schufa-Score als "schützenswertes Geschäftsgeheimnis".

Open Data Gesetz

Dagegen spricht das Open Data Gesetz. Unter dem Motto "Daten als Rohstoff der Zukunft" soll dieses Gesetz den Zugang zu öffentlich finanzierten Daten verbessern. Da heißt es:

"Transparenz und Offenheit im digitalen Bereich ermöglichen den Bürgerinnen und Bürgern mehr Teilhabe und eine intensivere Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft."

Ist die Schufa nun eine öffentlich finanzierte Institution oder eher eine der Privatwirtschaft? Bei Privatwirtschaft ist Open Data nicht rechtswirksam.

Schon schön: kostenlose Schufa-Auskunft

"Einmal im Jahr hat jeder das Recht auf eine kostenlose Schufa-Auskunft. Die Auskunft nach §34 BundesDatenSchutzGesetz (BDSG) umfasst alle über eine Person bei der Schufa gespeicherten Daten."

In dieser Auskunft sind alle kreditrelevanten Daten aufgeführt. Der letztlich über die Bonität urteilende Schufa-Score aber bleibt geheim.

"Wir knacken die Schufa!"

Der Ruf nach einer offenen Schufa wird immer lauter: Jede und jeder soll wissen können, nach welchen Maßstäben die Schufa ihren Score ermittelt. Diese Transparenz will die Initiative OpenSCHUFA herstellen. Ihre Botschaft lautet:

"Wir knacken die Schufa! Jetzt Deine Bonität abfragen / 100 % kostenlos / schnelle Anmeldung / sofort Deinen Score einsehen!",

OpenSCHUFA ist ein gemeinsames Projekt von Open Knowledge Foundation Deutschland (OKF) und AlgorithmWatch (AW). Gehen wir jetzt der Sache auf den Grund!

Helfen Sie mit!

  1. Holen Sie eine Schufa-Selbstauskunft ein: www.selbstauskunft.net/schufa

  2. Laden Sie Ihre Daten auf openschufa.de hoch

Je mehr Leute mitmachen, desto leichter kann die Initiative den Algorithmus knacken.

In einem Video mit dem Kabarettisten Niko Semsrott fordert er 10.000 Freiwillige auf mitzumachen; Stand 12.Mai 2018: mehr als 20.404 – geht doch!

Regin Reuschel

Geschrieben von Regin Reuschel

Der erfahrene Texter, Fotograf und Schüler-/Studenten-Coach interessiert sich für Nachhaltigkeits-Themen, weil er in schönen, erhaltenswerten Naturräumen aufwuchs und ihm deren Missachtung bis Zerstörung schon als Kind zu schaffen machte. Heute textet er ausschließlich für Nachhaltigkeits-Themen und bringt seinen Schülern einen achtsamen Umgang mit unserem Planeten nahe.