Was der Tesla-Effekt überdeckt
Es gibt spannende Elektroauto-Entwicklungen aus Deutschland, Europa und China – doch die Medien werden von Tesla dominiert. Wie kommt das?
Wichtiger als Marketing-Strategien und technische Kennzahlen ist für Teslas Mediendarstellung wohl der Gründer Elon Musk. Gegen diesen Technologie-Propheten und seine vollmundigen Versprechungen wirkt selbst ein Steve Jobs wie ein schüchterner Junge.
Musk verspricht nicht nur eine Zukunft im All, einen Transport in Röhren und in elektrifizierten Luxuskarossen – er inszeniert sich auch meisterhaft selbst. Um Los Angeles vor dem Verkehrsinfarkt zu bewahren, gründete er "The Boring Company". Das Unternehmen soll allerdings nicht in Fahrradwege investieren, sondern in die besagten Röhren und Tunnel. Soll. Noch verdient die Firma ihr Geld mit Fan-Artikeln, und die sind keineswegs immer modern oder umweltfreundlich. Auch im Angebot: ein Flammenwerfer. Berichte über solche PR-Stunts überdeckten dann lange Zeit Teslas hausgemachte Probleme – wie etwa immer wieder bekannt werdende Lieferschwierigkeiten.
Was steckt hinter Teslas PR-Stunts?
Mit dem Luxussegment startete Tesla klug – der Elektroflitzer ist ein wahres Statussymbol. Das Auto ist nicht nur teuer, sondern unterscheidet sich grundsätzlich von anderen Luxusschlitten: Tesla-Fahrer können neben der Karosserie auch ihr gutes Gewissen präsentieren.
Tesla steht mit seinem Autopiloten für Fortschrittlichkeit, auch wenn laut Bedienungsanleitung noch immer eine Hand ans Lenkrad gehört. Und das lebenslange kostenlose Tanken am Supercharger-Ladenetz hat sicherlich die eine oder den anderen werbestrategisch überzeugt. Die eigene Batteriefabrik und die maximal automatisierte Herstellung klingen grundsätzlich zukunftsweisend – soweit die Umsetzung dann auch gelingt. Bisher scheinen die Automatisierungen eher zu Verzögerungen zu führen. Kürzlich entschied sich Musk daher dafür, nicht nur das Management neu aufzustellen, sondern auch in der Produktion wieder mehr Menschen einzusetzen.
Müssen sich nicht verstecken: Teslas Mitbewerber
Doch nicht nur die Probleme im unternehmerischen Universum Musks werden überstrahlt, sondern auch die konkreten und funktionierenden Lösungen seiner Mitbewerber. In Deutschland wären das etwa Sono Motors, StreetScooter und die e.GO Mobile AG.
Die Münchner von Sono Motors rücken der Serienproduktion ihres Solarfahrzeugs „Sion” etwa immer näher. Erst kürzlich vergaben sie einen Großauftrag über mehrere hundert Millionen Euro für die Entwicklung und Fertigung einer eigenen Batterie an den deutschen Automobilzulieferer ElringKlinger. Hinter dem jungen Unternehmen sammelt sich inzwischen eine starke Community, was sich auch durch die 21.000 Likes auf Facebook ausdrückt.
Elon Musk präsentiert vorzeigbare E-Auto-Träume – der Rest müht sich redlich
Erstaunlich sind auch die Streetscooter, die durch ein Tochterunternehmen der Deutschen Post DHL Group produziert werden. Schon 5.500 Streetscooter fahren auf den Straßen Deutschlands. Allein in Kiel sollen die Umstellung von DHL auf 21 Streetscooter etwa 78 Tonnen CO2 einsparen. Gänzlich Problemfrei ist er allerdings auch der Streetscooter nicht, was Praxisberichte von DHL-Fahrern im vergangenen Winter zeigen.
Erstaunlich ist auch der Werdegang der Aachener Elektroflitzer. Das Auto e.GO Life des Teams um den RWTH-Forscher Günther Schuh soll bereits Ende Mai die Werkshalle verlassen – angepeilt ist der Bau von 10.000 Fahrzeugen.
Welches dieser Pionierunternehmen überzeugt Sie am meisten?
Titelfoto von Maurizio Pesce from Milan, Italia (Elon Musk, Tesla Factory, Fremont (CA, USA)) [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons
Geschrieben von Marius Hasenheit
Marius Hasenheit arbeitet am Think Tank Ecologic Institut. Freiberuflich ist er als Berater (strategischer) Kommunikation tätig. Gern schreibt er auch über Umweltthemen – hier bei nachhaltig investieren, bei Zeitungen wie Der Freitag oder Süddeutsche Zeitung oder dem transform Magazin, dessen Mitherausgeber er ist.