
Bremst die Rohstofffrage den Ausbau der Elektro-Mobilität?
Einer der augenscheinlichsten Knackpunkte bei der Elektromobilität ist die Herstellung der Batterien und der Elektromotoren. Für deren Erzeugung werden große Mengen an Rohstoffen benötigt, die den Namen „Seltene Erden“ tragen. Ihren Namen verdanken die “Seltenen Erden” jedoch nicht dem Umstand, dass sie selten sind. Vielmehr handelt es sich um „Metalle der Seltenen Erden“ bzw. „Seltenerdmetalle“. Sie wurden Anfang des 18. Jahrhunderts in Schweden in seltenen Mineralien entdeckt.
In Form ihrer Oxide – früher als „Erden“ bezeichnet – werden sie isoliert. Zwar gibt es sie überall auf der Welt, zum Beispiel in Form von Metall-Erzen. Nur sind größere und konzentrierte Vorkommen rar. Ihre Förderung ist daher aufwändig und teuer. Sie verteilt sich weltweit auf viele kleine, weit verstreute Lagerstätten. Das erschwert die Erschließung größerer Mengen und somit auch den wirtschaftlichen Betrieb der Lagerstätten. Ein Großteil der Seltenen Erden wird zudem durch chemische Verfahren für die industrielle Nutzung aufbereitet. Sie sind in dem Fall ein Nebenprodukt bei der Gewinnung stärker konzentriert vorliegender Metalle aus Erzen.
Liefer-Engpässe und Spekulationen an den Finanzmärkten
Zwar wird für die Herstellung von Gütern meist nur eine sehr geringe Menge an bestimmten Seltenerdmetallen benötigt. Würden diese jedoch zur flächendeckenden Herstellung von Batterien und Elektromotoren für E-Fahrzeuge benötigt, könnte es kurzfristig zu Liefer-Engpässen für bestimmte Seltene Erden kommen. Insbesondere werden zur Erzeugung der Batterien in Elektrofahrzeugen Graphit, Lithium, Kobalt, Nickel und Kupfer benötigt. Diese werden auch in anderen Hightech-Produkten eingesetzt, beispielsweise in Akkus für Smartphones, Tablets, Flachbildschirmen, Touchscreens, CD-Player, ja selbst für LED-Leuchten und Lacke.
Bereits jetzt zeichnet es sich ab, dass es für die Fahrzeugindustrie schwierig ist, an große Mengen zur Herstellung von für Fahrzeug-Batterien benötigte Rohstoffe zu gelangen. Hinzu kommen die derzeit noch fehlenden Produktionsstätten für Batterien in Europa. Sind die Seltenen Erden somit ein Engpass für eine globale Mobilitätwende basierend auf Elektromobilität und könnte aufgrund fehlender Rohstoffe der „Traum vom Elektroauto platzen?“
Doch nicht der Mangel an Rohstoffen für sich genommen, sondern der derzeit fehlende Zugang und die exponentiell steigende Nachfrage werden zum Flaschenhals für die Elektromobilität. Wie eine im Herbst 2017 veröffentlichte Studie des IÖW im Auftrag der Agora Energiewende zeigt.
Die wachsende Nachfrage nach bestimmten Seltenerdmetallen sowie Liefer-Engpässe wiederum können die Weltmarktpreise für diese Rohstoffe weiter anheizen und zusätzlich Spekulationen auf den Finanzmärkten befeuern. So sei zum Beispiel der Preis für Lithiumkarbonat inzwischen auf 13.000 Dollar pro Tonne gestiegen. Auch für andere knappe Rohstoffe werden starke Preissteigerungen in den nächsten Jahren erwartet, beispielsweise für Kupfer und Kobalt. Investmentfonds, die mit Zukunftsoptionen auf stark steigende Preise setzen, könnten hier profitieren und gleichzeitig die Preisspirale weiter nach oben schrauben.
Umweltschäden und widrige Förderbedingungen
Während die Vorkommen an Seltenen Erden über den gesamten Erdball verteilt sind, stammt ein Großteil der Rohstoffe aus China. 2016 waren es noch bis zu 97 Prozent. In den 1990er-Jahren hatten viele Länder ihre Förderung zurückgefahren, da die Förderung der Seltenerdmetalle mit großen Umweltschäden einhergeht. Zusätzlich hat China seit 2010 seinen Export gedrosselt, um die negativen Umweltauswirkungen zu verringern und die Rohstoffe für die eigene Produktion zu nutzen. Somit verteilen sich die Lagerstätten zunehmend auch auf andere Regionen der Welt. Aufgrund der steigenden Preise rechnet sich die Förderung sogar an Standorten mit relativ geringen Vorkommen. So werden selbst in Deutschland Rohstoffvorkommen, wie beispielsweise die noch zu DDR-Zeiten entdeckten Seltenerdmetalle in der Gemeinde Storkwitz in Sachsen, unter die Lupe genommen.
Doch auch andere Länder springen auf den Zug, unter ihnen Länder aus krisengeschüttelten Regionen. So wird beispielsweise in Zentralafrika und Ost-Kongo das Seltenerdmetall Kobalt abgebaut, welches für Elektromobile benötigt wird. Wie das belgische Institut ips herausfand, befinden sich die Hälfte der etwa 2.000 dort betriebenen Minen in den Händen der Miliz. Viele der Minen dort seien illegal. Die Förderung geschieht unter Ausbeutung von Arbeitern sowie unter groben Menschenrechtsverletzungen an der heimischen Bevölkerung. Dass diese Rohstoffe letztlich auch nach Deutschland gelangen und hier für die Herstellung von Gütern und Batterien genutzt werden, ist nicht auszuschließen.
Fazit
Die Herstellung von Elektromotoren und Batterien ist derzeit an Rohstoffe, den sogenannten Seltenerdmetallen gekoppelt. Das ist zwar derzeit ein Hemmnis für den zügigen globalen Ausbau der Elektromobilität, jedoch kein unüberwindbares Hindernis. In Forschungs- und Entwicklungslaboren wird bereits intensiv an Alternativen gearbeitet, die eine Herstellung von Elektro-Fahrzeugen ohne Einsatz von Seltenerdmetallen ermöglichen.
Um der Verkehrswende einen deutlichen Schub zu geben und die CO2-Emissionen in den kommenden Jahren drastisch zu senken, braucht es eine Elektrifizierung im Verkehrssektor. Schließlich sind Elektrofahrzeuge immer noch wesentlich klimafreundlicher als Verbrenner. Sie emittieren im Schnitt 50 Prozent weniger CO2-Emissionen, selbst wenn der Strom nicht aus erneuerbaren Quellen stammt, wie eine Studie der Belgischen VUB-Universität herausfand.
Somit ließe sich mit steigendem Ausbau der Erneuerbaren Energien und dem Voranschreiten einer integrierten Energiewende E-Fahrzeuge besser in das Energiesystem von morgen integrieren. Das würde nicht nur Emissionen weiter um ein Vielfaches senken, sondern auch neue Spielräume für Mobilität, die Speicherung von Energie und ein stabiles Energieversorgungs-System basierend auf Erneuerbaren mit sich bringen.