Blog | YouTube | | |
Nachhaltig investieren

E-Autos entsorgen? Aber nachhaltig, bitte!

Wer Elektromobilität als umweltverträgliche und nachhaltige Mobilitätslösung etablieren möchte, kann bei der Erzeugung und Nutzung von E-Autos nicht Halt machen. Am Ende der Wertschöpfungskette kommt die Frage nach der Entsorgung, Wiederverwertung oder Weiternutzung von E-Autos bzw. deren einzelnen Komponenten. Auch diesem Aspekt der Elektromobilität und der Frage „Wie nachhaltig ist die Elektromobilität wirklich?“ widmen wir unsere Aufmerksamkeit. Denn nicht nur Erzeugung und Nutzen sollten Nachhaltigkeitskriterien standhalten, sondern ebenso muss auf die Frage, was geschieht am Ende des „Lebenszyklus“ eines Elektromobils, eine nachhaltige Antwort folgen.

Mit steigendem Anteil an Elektrofahrzeugen wächst deren Rohstoffbedarf. Die Förderung von Primär-Rohstoffen belastet die Umwelt besonders stark. Je weniger Primär-Rohstoffe benötigt werden und eine Wiederaufbereitung unterstützt wird, desto erfolgreicher wird die Umwelt entlastet. Zudem lässt sich die Rohstoffgewinnung auf mehrere Standorte verteilen.

Nicht nur wertvolle Rohstoffe, wie seltene Erden und deren umweltbelastende Förderung, rechtfertigen ein Recycling, auch die Frage nach inakzeptablen Förderbedingungen und die Frage nach der Einhaltung und Umsetzung von global verbindlichen sozialen Standards. Somit ist nicht die Erzeugung von Elektroautos allein unter kritischem Blickwinkel zu betrachten, die Entsorgung ist es genauso. Was geschieht mit E-Autos, die nicht mehr benötigt und als veraltet oder unbrauchbar abgestellt werden? Wohin gelangen sie und was passiert mit den Rohstoffen in Batterien und Auto-Karkasse?

Noch viel zu viele Waren und Güter gelangen heute über weit verzahnte Handelsströme am „End of the Pipe“ in Länder, in denen nicht gerade besonders hohe Umwelt- und Sozialstandards etabliert sind. D.h. ihre Entsorgung erfolgt dort, wo die Standards noch außerordentlich entwicklungsfähig sind und sich der Frage der Entsorgung besonders intensiv angenommen werden kann.

Recycling von E-Autos braucht europaweite Recycling-Infrastruktur

Doch auch hierzulande gibt es hinsichtlich des Recyclings noch erhebliches Verbesserungspotenzial bei den Abläufen und der Wiederaufbereitung von Rohstoffen. Die Frage der Etablierung einer gut funktionierenden Recycling-Infrastruktur ist in Europa alles andere als geklärt. Die Schaffung einer Kreislaufwirtschaft, engl. „circular economy“, mit der sich bereits verwendete Rohstoffe als Ausgangsbasis zur Herstellung neuer Waren und Güter nutzen lassen, steht noch ganz am Anfang. Zwar gibt es hierzulande eine gut funktionierende Müll- und Abfall-Entsorgungsinfrastruktur. Benötigt werden jedoch effizientere und wirtschaftlichere Verfahren und Technologien, mit denen viele der in Waren und Gütern enthaltenen Rohstoffe weit besser als bisher aufbereitet und für eine Wiederverwertung erschlossen werden können. In Forschung und Entwicklung wird daran bereits gearbeitet.

Als Vorreiter für die Wiederaufbereitung und Nutzung elektronischer sowie technischer Materialien kann das belgische Unternehmen Umicore genannt werden. Ursprünglich ist das Unternehmen aus dem Zusammenschluss vieler Bergbau- und Schmelzunternehmen hervorgegangen. Seine Unternehmenswurzeln reichen bereits über 200 Jahre zurück. Inzwischen hat es sich zu einem Technologie-Unternehmen gewandelt und gehört zu einem der weltweit größten Recycling-Unternehmen für Batterien und andere technische Materialien.

Im belgischen Hoboken, dem Sitz des Unternehmens, steht eine der größten Anlagen für Li ion- und NiMH-Batterien der Welt. Die Anlage verfügt über eine Leistung von 7.000 t pro Jahr. Mit diesen lassen sich bei Auslastung rund 250 Mio. Mobilphone-Batterien, 2 Mio. E-Bikes und 35.000 EV Batterien über einen hydro-metallurgischen Prozess recyceln.

Das Unternehmen gehört damit zum führenden Anbieter von wiederaufladbaren Batterien, tragbarer Elektronik sowie Ausstatter von Hybrid- und Elektro-Autos.

Abb. auf der Website von Umicore

Entwicklung besserer Recycling-Verfahren und Technologien

Diese Zahlen mögen beeindrucken. Insgesamt gesehen sind die Recycling-Raten immer noch viel zu gering. Hinzu kommt, dass auch für das Recycling Ressourcen und Energie benötigt werden. Das macht das Recycling teuer und aufwändig. Will man hier Lösungen entwickeln, braucht es entsprechende Verfahren, die eine Wiederaufbereitung und -nutzung von Rohstoffen vereinfachen und auf ebenso effiziente wie wirtschaftliche Weise ermöglichen. Es geht hier um die Entwicklung innovativer Technologien und Verfahren.

Dabei muss der Fokus nicht nur auf seltenen oder besonders wertvollen Materialien liegen, wie das junge irische Unternehmen Mimergy beweist: Bislang wird gerade einmal ein Bruchteil der für Fahrzeuge erzeugten und genutzten Reifen wiederaufbereitet und einer erneuten Nutzung zugänglich gemacht. Mimergy hat ein wirtschaftliches, kostensparendes Verfahren zum Recycling von Reifen entwickelt. Mit ihrem Verfahren lassen sich Fahrzeug-Reifen auf einfache und effektive Weise recyceln, wodurch ein riesiger Anteil an bisherigem Umweltmüll der Wiederverwendung zugeführt wird.

Auch damit lässt sich die Förderung von Primär-Rohstoffen, in diesem Fall die Förderung von Rohöl, verringern. Zugleich trägt es zur Reduzierung des Abfallaufkommens bei. Mittels effizienter Wiederaufbereitungs-Verfahren lassen sich somit Energie- und Ressourcenverbräuche reduzieren. Sie helfen dem Klima und können auch zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen mit Umsetzung akzeptabler Sozialstandards beitragen.

Das Recycling basiert auf Technologien, für die Know-how gefragt ist. Dieses ist nicht überall in gleichem Maße verfügbar. Hier geht es ebenso um den Transfer von Wissen und dem Zugänglichmachen von neuen Technologien und Verfahren.

Fazit

Die Förderung von Recycling und Wiederaufbereitungs-Prozessen sind ein wichtiger Schritt in Richtung Circular Economy. Mit ihnen lassen sich Kreisläufe etablieren, die material- und ressourcenschonender, energieeffizienter und damit umwelt- und klimafreundlicher sind als bisher übliche lineare Wertschöpfungsketten.

Am Ende des Tages geht es auch bei der Elektromobilität nicht einfach nur um die Frage, inwieweit sich Ressourcen einsparen und die Förderung von Primärrohstoffen reduzieren lassen. Es geht vielmehr um die Frage, wie sich Kreisläufe und damit wirtschaftlichere Prozesse etablieren können, mit denen bessere Ergebnisse dank weniger Energie, Ressourcen und Aufwand sowie Umwelteingriffe und Emissionen erzielt werden. Hier kommt es auf das Zusammenspiel von Lösungen, Technologien und Akteur*innen an. Die Förderung und Umsetzung einer nachhaltigen Elektromobilität ist hier ein zentraler Baustein, jedoch im Zusammenspiel mit anderen nachhaltigen Lösungen zu sehen.